Wesertour 23.- 29.06.17

„Fahrradfahren ist eine der anstrengendsten Arten, beschissen auszusehen“. (Zitat aus dem Film Hin und Weg)

Zugegeben, das habe ich auf dieser Tour öfter gedacht….

Aber dann gab es diese Momente tiefer Dankbarkeit, in denen ich dachte:

Fahrradfahren ist eine der schönsten Arten, an das vielleicht im Keller täglicher Routine verstaubte Glücksgefühl dran zu kommen ;)

 

Doch ich will nicht vorgreifen - vielleicht hast du ja Lust, mich auf meiner Tour zu begleiten?

 

Los ging´s nach einem harmonischen Frühstück und angeregt-liebevollem Gespräch mit meinem Herzensmann.

Abschiedskuss, rauf aufs gepackte Fahrrad und schon war es da: das Gefühl von Weite und Freiheit.

Bis zum Bahnhof.

Da durfte ich dann erfahren, dass aufgrund es Unwetters am Tag zuvor alles Mögliche lahm gelegt war – so auch diverse Züge.

Stoisch reihte ich mich ein in die mehr oder weniger gefasste Wartegemeinde, fest entschlossen, Harmonie und Fluss (haha) auch weiterhin einzuladen, komme, was da wolle.

 

 

Es kam in Form irgendeines Zuges, der mit100 Minuten Verspätung (so die Ansage) eintraf – erfreulicherweise fuhr er in meine Richtung! Also: aufgesprungen und mitgefahren :)

Bis Hannover.

Da war erstmal wieder Schluss.

 

Ich nutzte die Gunst der bereits eingetretenen Mittagsstunde und gönnte mir eines von diesen leckeren Brötchen, die es dort gibt, weiterhin entschlossen, „Urlaub von Anfang an“ zu feiern.

Den ersten Test hatte ich ja schon bestanden (immer wieder die Huna-Prinzipien rauf und runter, in Liebe und Freude!):

Ich war entspannt, aß mein Brötchen und nahm es hin, dass mir der Zug, den ich von der Halle aus sehen konnte, vor der Nase weg fuhr, weil ich mit meinem bepackten Fahrrad und ohne Aufzug und Rolltreppe (Stromausfall wegen des Unwetters….) nicht zu den Gleisen kam.

Die freundliche Bahn-Mitarbeiterin zeigte mir einen Schleichweg über die Rampe – darauf bin ich vor lauter doch ziemlich fordernder Atem-Meditation gar nicht gekommen….

An dieser Stelle möchte ich meine allergrößte Bewunderung aussprechen für die Tapferen Bahn-Leute, die den unterschiedlichen Bewältigungs-Versuchen der Reisenden ausgeliefert waren – Hut ab vor allen, die von Herzen freundlich geblieben sind!

Dass der Zug nach Bremerhaven nur alle zwei Stunden fährt, erwähne ich nur am Rande.

War ja eh schon wurscht.

 

Nach einer entspannten Zugfahrt empfing mich das berühmte Bremerhavener Schietwedder: Wind und Sprühregen.

So war ich erfreut über die Regenpausen, in denen ich mein Zelt aufbauen und Proviant kaufen gehen konnte.

Mein besonderer Dank geht an alle Zeltplatz-Engel, die mir mit Ladekabel (vergessen….) und Zelt-Heringen (verbummelt von ….?) ausgeholfen haben.

Schön auch, dass ich in den Regenpausen romantisch am Spadener See noch lesen konnte. Bei neu einsetzendem Regen war einer der bereit stehenden Pavillons prima, um noch draußen zu verweilen, bis es endgültig zu nass, kühl und dunkel war.

Ja und dann: Mädels-Treffen am nächsten Tag :)

 

Ich sage dir: Mädels brauchen Mädels, da gibt es gar nix ;)

Lecker gebruncht, schön geklönt, derweil nasse Sachen bei Britta im Carport getrocknet.

Schöne kraft- und liebevolle Tarot-Session, Lappen für mein Zelt im Gepäck (auch vergessen :D ) und weiter in der nächsten Regenpause (Starkregen-Schauer während der Tarot-Session – ich dachte ja schon, das war´s….).

 

Jetzt war es soweit: Wesertour, Tag 1.

 

Ich liebe unser wildes, flaches Land.

Den Wind, den Duft nach Meersalz und Kuhdung, nach feuchter Erde und dem Maschinenöl der Schiffe.

Ich liebe auch die Weser, hier an ihrer Mündung, mit ihrer Wildheit und Rauheit…

Dor bünn ick tu Huus. Ja.

Und es wird egal sein, wohin das Leben mich trägt – hier habe ich meine Wurzeln.

 

 

Also Frauen-Hütte und Wurzeln – ein schönes, starkes Gefühl :)

Bis Bremen kannte ich die Tour schon, inklusive der Fähre und dem Zeltplatz bei Sandstedt – hach :)

An die liebe Betreiberin habe ich mich auch noch erinnert – sie gab mir einen Kuschel-Platz für mich und mein Zelt – für den Regen konnte sie ja nichts ;)

So nass wie am Spadener See bin ich die ganze Tour über nicht mehr geworden – zumindest mein Zelt und meine Sachen nicht – ich schon …. dank der Zusatz-Heringe für mein Überzelt.

 

„Von jetzt an blind“ dachte ich am nächsten Tag. Denn ab Bremen kannte ich die Tour noch nicht.

Was mich erwartete war einfach umwerfend!

Auf diesem Abschnitt habe ich gedacht, hier fühlt es sich an wie die Mitte des Lebens (Mittelweser….).

Üppig, auf eine Art geheimnisvoll und gesegnet mit so etwas wie „Anfangs-Weisheit“.
Die Phase, wo man ständig hinfällt und allem ausgeliefert ist, ist hier endgültig vorbei.

Das passiert nur noch punktuell, und du weißt, wie du damit umgehen kannst oder, wenn mal nicht, dass du um Hilfe bitten oder schauen kannst, wie andere es vor dir gelöst haben.

Die Weser wurde zunehmend lieblicher, je weiter sie vom Dunstkreis der Nordsee entfernt war.

Die Kühe blieben lange die schönsten ;) (guck mal hier: eine weiße Kuh mit ihren Kälbchen, nebenan der Storch) und Fisch gab es auch ziemlich lange.

Die Dörfer waren nicht mehr so hanseatisch blank geputzt, wurden gefälliger.

Die Gewürze der Erde waren nicht mehr gesalzen, sondern hatten eine weiche Note.

Das Gefühl wurde zunehmend …. lauschiger. Ein anderes Wort fällt mir gerade nicht ein.

Das war sicher auch dem Umstand gedankt, dass ich nicht mehr nur mit „Überleben“ beschäftigt war (trocken von A nach B kommen), sondern wirklich genießen konnte.

 

Ich bin dankbar für die Fülle und unendliche Schönheit!

Ich bin dankbar für zwei sonnige und regenfreie Fahrrad-Tage.

Für nette Begegnungen und schöne Gespräche.

Für meinen gesunden und kräftigen Körper.

Und für das, was mein Mann „mein sonniges Gemüt“ nennt ;)

Leider konnte ich von dem Bild, was sich mir bot, als sich plötzlich das Weserbergland vor mir auftat, kein Foto machen: es fing wieder an zu regnen (jaja….), mein Handy war tot und die Powerbank tief in der Tasche.

Es war unbeschreiblich, atemberaubend schön. Wow.

Dennoch war mir irgendwo ankommen gerade näher als schöne Fotos machen…

 

Und auch hier war wieder mal lernen angesagt:

Vor lauter „Juchheee“ einerseits und handfester Regenfront andererseits habe ich die richtige Abzweigung verpasst und war auf der falschen Seite.

Es regnete bereits in Strömen, als ich das einsehen musste.

Anerkennen musste, dass ich überheblich war denen gegenüber, die mir eigentlich schon den richtigen Weg gezeigt oder meine Möglichkeiten aufgezeigt hatten.

Mir eingestehen musste, dass ich ungeduldig war und mir dabei selbst geschadet habe.

Damit klar kommen musste, dass jetzt keiner mehr da war zum Fragen, weil alle irgendwo im Trockenen waren.

Grummel.

 

Odyssee bei Starkregen. Die gute Nachricht: wennde mal nass bist, biste nass ;)

Letzten Endes kommt nach Regen immer Sonne (oder wenigstens eine Gefechtspause….).

Die Freundlichkeit der Menschen und die Lust, die Kraft meines Körpers zu spüren und mit der Natur verbunden zu sein, haben mich durchhalten lassen.

 

Ich konnte mein Zelt in einer Regenpause aufstellen, mir einen Hammer leihen, um die Heringe in den steinharten Boden zu nageln und bevor es nochmal richtig los pladderte in meine Höhle schlüpfen. 

Während der ganzen Fahrt durfte ich viele bereits gelernte Lektionen wiederholen, unter anderem, dass es immer möglich ist, Selbstüberschätzung und Verkennung der Lage zu korrigieren.

So räumte ich mir für diesen letzten Reisetag eine Wenn-Dann-Option ein: wenn es trocken bleibt wähle ich Ziel A, fängt es wieder an zu regnen, das nähere Ziel B.

 

Es fing wieder an zu regnen (jaja….), und zwar deutlich vor Ziel B.

Hier musste ich feststellen, dass es weder Schalter noch Aufzüge gab, sprich: Fahrrad abpacken, alles einzeln ans richtige Gleis tragen, Fahrrad wieder bepakcken, Fahrkarten-Automat zähmen…

Der wollte aber partout nicht kooperieren.

Die Rettung kam von einem meiner Engel, einem Elektriker, wie er sagte, der offensichtlich ruhigere oder trockenere Hände hatte als ich, dem jedenfalls die Bedienung des Touch-Screens gelang.

Und noch mehr Glück: der Zug kam sofort, hatte mir vorher noch die Möglichkeit zu Fahrrad-Transfer und Fahrkartenkauf gelassen.

 

Huna-Prinzip Nummer zwei sagt mir: Alles ist möglich. Offensichtlich ;)

Warum ich das mit dir teile?

Ich finde, so eine Radtour ist wie das Leben selbst: gerade, holprige, kurvenreiche Wege und immer wieder die Frage: bleibe ich hier oder verlasse ich das Erprobte?

Wovon lasse ich mich bestimmen. Oder bin ich es, die/ der hier bestimmt?

Nehme ich wahr, dass ich immer die Wahl habe, zu einer Situation ja oder nein zu sagen?

Bin ich zufrieden mit meinem Tag? Habe ich meine Möglichkeiten ergriffen, ihn zu gestalten, oder habe ich mich leben lassen?

Habe ich gut für mich gesorgt

Und: Habe ich alles, was es zu sehen und erleben gab wahrgenommen, oder bin ich an all der Schönheit vorbei geheizt?

 

Ich wünsche dir von Herzen Schönheit auf deinem Weg!

 

In Liebe und Freude, Sandra

 

 

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